Zwischen Sparzwang und Rekordinvestitionen

Um die Menschen in Arbeit zu bringen, wird die Regierung Milliarden von Euro ausgeben müssen.

Der erste Haushaltsentwurf der neuen Bundesregierung unter der Führung von Friedrich Merz und Finanzminister Lars Klingbeil konzentriert sich auf die Tatsache, dass die Ausgaben für die soziale Sicherung, insbesondere im Bereich der Grundsicherung, weiter steigen. Fast 52 Milliarden Euro fließen im kommenden Jahr in das Bürgergeld-System. Eine so hohe Summe wurde noch nie vergeben. Und das, obwohl Kanzler und Kabinett im Wahlkampf mit dem Versprechen angetreten waren, die Sozialausgaben zu senken und mehr Menschen in Erwerbstätigkeit zu bringen.

Ein großer Teil der Mittel ist gesetzlich gebunden. Dazu zählen unter anderem die monatlichen Leistungen zur Existenzsicherung sowie Ausgaben für Unterkunft und Heizung. Beide Posten steigen, da sich die Zahl der Leistungsberechtigten infolge konjunktureller Schwäche, Fachkräftemangel und strukturellem Wandel weiter erhöht. Die aktuelle Frühjahrsprojektion der Bundesregierung diente als Grundlage für die Schätzung.

Was die Exekutive steuern kann, ist der Umfang sogenannter Aktivmaßnahmen: Programme zur Integration in Beschäftigung, Weiterbildungen, Maßnahmen zur Qualifikation und Mittel für den Betrieb der Jobcenter. Für das Jahr 2025 ist hier ein Zuwachs von 150 Millionen Euro eingeplant. Verglichen mit den Plänen der vorherigen Regierung ist das eine deutliche Kehrtwende. Die Ampel wollte diesen Bereich ursprünglich beschneiden. Nun werden sogar 400 Millionen Euro zusätzlich investiert.

Neu ist die Möglichkeit, bis zu 700 Millionen Euro aus bestehenden Posten gezielt in Eingliederung zu stecken. Das erlaubt den Agenturen vor Ort, individuelle Förderprogramme auszubauen. Besonders langzeitarbeitslose Menschen ohne Berufsabschluss – derzeit fast zwei Drittel der Empfänger – sollen von öffentlich geförderter Beschäftigung profitieren. Unternehmen erhalten dabei Zuschüsse, wenn sie entsprechende Personen einstellen und qualifizieren.

Für das übernächste Haushaltsjahr ist sogar eine drastische Aufstockung der Mittel vorgesehen. Eine Milliarde Euro mehr jährlich sollen in aktive Förderung fließen. Die geplante Gesamtsumme von fast zehn Milliarden Euro würde die Jobcenter finanziell so stark ausstatten wie nie zuvor. Hintergrund ist ein Passus im Koalitionsvertrag, der die flächendeckende Verbesserung der Arbeitsvermittlung vorsieht.

Damit ergibt sich ein widersprüchliches Bild. Die Regierung möchte sparen, muss aber gleichzeitig investieren, um strukturelle Probleme langfristig zu entschärfen. Der Ansatz, durch gezielte Förderung künftige Sozialausgaben zu reduzieren, ist dabei nicht neu, aber in dieser Größenordnung ein Novum. Entscheidend wird sein, ob die eingesetzten Mittel tatsächlich zu nachhaltiger Integration führen. Nur so kann das Bürgergeld mehr sein als ein Kriseninstrument und zur Brücke in eine selbstbestimmte Erwerbsbiografie werden.

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