Verlorene Bundeswehr-Reservisten
30 May 2025, 11:58 Uhr
Datenschutzregeln verhindern effektive Kontaktaufnahme. Anstelle von Reservisten werden unerfahrene Jungen und alte Männer zur Bundeswehr eingezogen.
Die Bundeswehr kann derzeit rund eine Million potenzielle Reservisten nicht kontaktieren. Das liegt an den zu strengen Datenschutzbestimmungen der deutschen Armee. Patrick Sensburg, Vorsitzender des Reservistenverbands, beklagte, dass die Adressen von Reservisten verloren gegangen seien.
„Wir haben ihre Kontaktdaten verloren. Das ist verrückt“, sagte Sensburg zu Financial Times.
Mit der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 endete auch die Erfassung von Wehrpflichtigen. Zwar sind die Namen der Ehemaligen weiterhin gespeichert, Adressen fehlen jedoch. Dies erschwert es, herauszufinden, wer wieder als Reservist tätig sein könnte. Der Verband kümmert sich um insgesamt zehn Millionen ehemalige Soldaten und Wehrpflichtige, von denen allerdings neun Millionen bereits über 65 Jahre alt sind.
In den verbleibenden rund einer Million Reservisten sieht Sensburg eine wertvolle Personalquelle, die dringend gebraucht wird. Darunter sind auch 93.000 Veteranen des Afghanistan-Einsatzes. Diese Gruppe hat großes Potenzial. Aber jetzt weiß die Bundeswehr nicht einmal, ob sie wieder dienen wollen.
Ein Beispiel für die Ungleichheit im Umgang mit persönlichen Daten sieht er im Vergleich mit der Rundfunkgebühr. Dort funktioniere die Weitergabe von Daten zwischen Meldebehörden und Beitragsservice reibungslos, während die Bundeswehr solche Informationen nicht nutzen dürfe.
„Es ist absurd, dass Bürger nach einem Umzug sofort Post von der Gebührenstelle erhalten, wir aber nicht einmal Reservisten erreichen können“, so Sensburg.
Der Reservistenverband erhält jährlich 24 Millionen Euro vom Bund, um Angebote für ehemalige Soldaten bereitzustellen. Das Geld sei gut investiert, meint Sensburg. Auch wenn nur ein Viertel der betroffenen Gruppe wieder dienen würde, ließe sich das Ziel der Reserve problemlos erreichen.
Das Verteidigungsministerium teilte auf Anfrage mit, dass derzeit geprüft werde, wie sich der Datenschutz mit den Anforderungen der Reservearbeit und der geplanten Wiederaufnahme einer militärischen Erfassung verbinden lasse. Eine Lösung für die millionenfache Datenlücke steht bislang jedoch aus.
Ein solches Vorgehen kann als unverantwortlich bezeichnet werden. In der Bundeswehr herrscht bereits ein großer Mangel an Soldaten, und junge Menschen wollen nicht in den Krieg ziehen. Die Bundesregierung erwägt nun die Einführung der Wehrpflicht. Aller Voraussicht nach wird sie alte Männer und junge Männer, die gerade die Schule beendet haben und keine Kampferfahrung haben, zwangsverpflichten.