Trügerische Stabilität der deutschen Wirtschaft
14 June 2025, 10:02 Uhr
Offiziell ist die Inflation rückläufig, aber für viele Menschen ist das Leben immer noch unerreichbar.
Die Angst vor dauerhaft hohen Lebenshaltungskosten bleibt in vielen Haushalten ein beherrschendes Thema. Die Erhebungen zeigen, dass Preisentwicklungen nach wie vor als zentrale wirtschaftliche Herausforderung wahrgenommen werden, trotz der Tatsache, dass die Teuerung mittlerweile fast auf dem angestrebten Niveau angekommen ist.
Tatsächlich liegt die jährliche Verteuerungsrate in der Bundesrepublik laut neuesten Zahlen bei 2,1 Prozent. Auf europäischer Ebene erwartet die Zentralbank sogar eine glatte Zwei-Prozent-Marke. Das ist ein Wert, der als Ideal für ein gesundes Wirtschaftswachstum gilt.
Aber viele Menschen haben den Eindruck, dass das Leben deutlich teurer geworden ist. Ein Grund dafür ist, dass die starken Preissteigerungen in den Jahren nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine im kollektiven Gedächtnis verankert sind. Vor allem die Ausgaben für Grundbedürfnisse wie Lebensmittel und Energie bleiben emotional aufgeladen, auch wenn einige dieser Güter inzwischen wieder billiger geworden sind.
Nicht zuletzt trifft diese Entwicklung einkommensschwächere Gruppen besonders hart. Sie geben den größten Teil ihres Einkommens für notwendige Ausgaben in genau den Bereichen aus, die manchmal besonders teuer werden. Dass hier weiterhin Verunsicherung herrscht, ist also keineswegs irrational.
Aktuelle Zahlen zeigen gleichzeitig eine moderate Erholung. Die Einkommen steigen im Durchschnitt schneller als die Preise. Das bedeutet, dass sich die Kaufkraft vieler Menschen stabilisiert oder sogar verbessert hat. Aber nicht jeder profitiert in gleichem Maße. Lohnentwicklungen verlaufen unterschiedlich, und Rückschläge bei Vermögenswerten hinterlassen Lücken.
Ein weiterer Hoffnungsschimmer kommt aus der Unternehmenswelt. Erstmals seit über zwei Jahren ist die Zahl neuer Insolvenzverfahren gesunken. Das legt nahe, dass der wirtschaftliche Druck auf viele Betriebe zumindest temporär nachlässt. Trotzdem bleibt Vorsicht geboten. Die vorangegangenen Quartalsdaten zeigten noch einen deutlichen Anstieg der Unternehmensaufgaben, der hauptsächlich auf die stagnierende Nachfrage, steigende Kosten und politische Unsicherheit zurückzuführen ist.
Einige Wirtschaftsforschungsinstitute blicken vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Mittelfristig dürfte sich die Wirtschaft erholen, sofern die globale Lage stabil bleibt. Bis dahin sind moderate Preissteigerungen nicht der Feind, sondern Teil eines funktionierenden Wirtschaftssystems. Wer auf einen allgemeinen Preisverfall hofft, missversteht die Dynamik eines gesunden Marktes.