Rechnungshof warnt vor Milliardenlücke in der Versorgung
07 July 2025, 07:43 Uhr
Bis 2029 drohen über 12 Milliarden Euro Defizit. Bund und Länder beraten ab Montag über umfassende Neuausrichtung.
Der Bundesrechnungshof warnt, dass sich die finanzielle Situation der sozialen Pflegeversicherung dramatisch zu verschlechtern droht. Laut einem vertraulichen Bericht an den Haushaltsausschuss, könnte bis 2029 ein Fehlbetrag von rund 12,3 Milliarden Euro entstehen. Bereits in zwei Jahren wird mit einem Minus von 3,5 Milliarden gerechnet.
Der Grund dafür ist, dass die Nachfrage viel schneller wächst als erwartet. Ende 2024 waren laut Angaben des Bundesgesundheitsministeriums bereits 5,6 Millionen Menschen auf pflegerische Leistungen angewiesen. Das ist ein Zuwachs von fast acht Prozent innerhalb eines Jahres. Diese Entwicklung übertrifft alle bisherigen Prognosen und trifft auf ein System, das bereits heute unter strukturellen Lasten ächzt.
Die bisherigen Entlastungspläne des Bundesfinanzministeriums reichen bei Weitem nicht aus. Vorgesehen ist lediglich eine Überbrückung durch Kredite – 500 Millionen Euro in diesem und 1,5 Milliarden im kommenden Jahr. Der Rechnungshof hält das für völlig unzureichend. In seinem Bericht fordert er einen grundlegenden Umbau des bisherigen Finanzierungsmodells. Eine Kommission aus Bund und Ländern will ab Montag erste Lösungswege erarbeiten.
Auch zivilgesellschaftliche Akteure wie Gewerkschaften und Sozialverbände drängen auf einen nachhaltigen Kurswechsel. Anja Piel vom Deutschen Gewerkschaftsbund fordert unter anderem einen festen Eigenanteilsdeckel für die stationäre Pflege, die Wiedereinführung steuerlicher Zuschüsse sowie eine Erstattung pandemiebedingter Mehrausgaben in Höhe von 5,2 Milliarden Euro.
Ziel müsse eine umfassende Reform sein, die das System zukunftsfest macht, ohne Betroffene finanziell zu überfordern. Piel warnte eindringlich vor Einschnitten bei Leistungen:
„Gute Pflege muss menschenwürdig funktionieren, sich am Bedarf orientieren, und sie darf nicht in Armut führen.“
Eine Abkehr von solidarischer Finanzierung würde dramatische Folgen für Millionen bedeuten. Langfristig sieht Piel die Lösung in einer einheitlichen Bürgerversicherung, die sämtliche pflegebedingten Kosten abdeckt. Jegliche Pläne, die Eigenverantwortung der Versicherten durch Karenzzeiten oder Leistungskürzungen zu erhöhen, lehnt sie entschieden ab.