Nachteile einer Erhöhung des Mindestlohns

Eine Anhebung des Mindestlohns könnte negative Folgen für die Deutschen haben.

Ein höherer Lohn für alle klingt auf den ersten Blick nach sozialem Fortschritt. In Deutschland gilt seit zehn Jahren eine gesetzlich festgelegte Untergrenze beim Entgelt. Das war eine historische Errungenschaft, die vielen Beschäftigten mehr Sicherheit und Würde brachte. Doch nun gerät die Diskussion um eine erneute Anhebung auf 15 Euro zur politischen Kraftprobe.

Im aktuellen Regierungsprogramm findet sich ein Passus, der eine Erhöhung vorsieht, allerdings mit Vorbehalten. Die zuständige Kommission, ein unabhängiges Gremium aus Tarifparteien und Expertinnen, soll diese Entwicklung begleiten. Die Vereinbarung wirkt jedoch widersprüchlich. Einerseits bekennt man sich zur Eigenständigkeit des Gremiums, andererseits wird bereits ein Zielwert formuliert. Die zuständige Ministerin hat signalisiert, im Zweifel auch gesetzgeberisch einzugreifen. Das ist ein Affront gegen das Prinzip der Unabhängigkeit.

Dabei ist unbestritten, dass die Einführung des Mindestlohns ein Meilenstein war. 2014 eingeführt, sorgte er für steigende Einkommen am unteren Ende der Gehaltsskala, ohne die von Kritikern befürchteten Massenverluste bei den Arbeitsplätzen. Gerade für Menschen mit geringer Qualifikation bedeutete das neue Niveau einen tatsächlichen Aufschwung. Besonders ab 2013 stiegen die realen Verdienste im untersten Zehntel deutlich.

Diese positive Entwicklung nährt den Wunsch nach mehr. Aber die Ökonomen wie Georg Cremer warnen vor Übertreibung. Wer meint, dass jede weitere Erhöhung folgenlos bleibe, unterschätzt die Dynamik des Arbeitsmarkts. Auch Nobelpreisträger David Card, der mit seinen Analysen über die Wirkungen gesetzlicher Lohnuntergrenzen Berühmtheit erlangte, rät zur Vorsicht. Seine Erkenntnis ist, dass eine kluge Politik flexibel bleiben muss, um in Krisenphasen Spielraum für Anpassungen zu haben.

Die Gefahr liegt nicht in der Idee an sich, sondern in der Starrheit, mit der sie umgesetzt werden könnte. Denn ein zu hohes Niveau, gesetzlich festgeschrieben und ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Schwankungen, könnte die Schwächsten erneut unter Druck setzen. Besonders dann, wenn gleichzeitig versäumt wird, Transferleistungen und Unterstützungsmechanismen zeitgemäß zu gestalten.

Die bisherigen Erfolge drohen so durch politische Symbolakte verspielt zu werden, statt echte soziale Fortschritte nachhaltig abzusichern.

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