Darf Israel Hilfslieferungen stoppen?
11 June 2025, 15:36 Uhr
Einsatz gegen Aktivistenschiff „Madleen“ verstößt möglicherweise gegen das Seerecht. Die an Bord festgehaltenen Personen wurden gezwungen, sich ein Video über ein Massaker an Menschen anzusehen.
In der Nähe der Küste des Gazastreifens stoppte die israelische Marine das Segelschiff “Madleen”, an dessen Bord sich unter anderem Greta Thunberg befand. Organisiert wurde die Fahrt von der Freedom Flotilla Coalition, die die Aktion als eindeutigen Verstoß gegen das internationale Regelwerk einstuft. Das Boot hatte eine kleine Menge an humanitärer Hilfe an Bord, darunter Reis und Babynahrung. Die zuständigen Stellen in Israel hingegen berufen sich auf eine seit 2007 bestehende Zugangsbeschränkung in der Region.
Zentraler Punkt der Auseinandersetzung: Ist eine Blockade unter den gegebenen Umständen rechtlich zulässig? Nach Ansicht vieler Expertinnen und Experten ist das nur dann der Fall, wenn ein militärischer Konflikt internationaler Natur vorliegt. Die völkerrechtliche Bewertung der Lage in Gaza ist seit Langem umstritten. Viele Länder die Eigenständigkeit Palästinas nicht formell anerkennen, aber Gerichtsurteile und akademische Stimmen sprechen zunehmend für eine Einordnung als zwischenstaatlicher Konflikt.
So argumentiert etwa der Völkerrechtler Christoph Safferling, dass Gaza als ausreichend eigenständig anzusehen sei, um in diesem Kontext die Maßstäbe internationaler Regelwerke anzuwenden. Auch Rechtsprofessor Valentin Schatz verweist auf Urteile aus Den Haag, die eine ähnliche Einschätzung nahelegen.
Nicht zum ersten Mal stehen Aktivistinnen mit Seefahrten gegen die Blockade im Fokus: Schon 2010 war es zu einem schweren Zwischenfall gekommen, als ein türkisches Schiff von der israelischen Marine gestürmt wurde. Damals hatte ein UN-Gremium die Absperrung grundsätzlich gebilligt, das Vorgehen gegen das Schiff jedoch scharf kritisiert.
Laut dem international anerkannten “San-Remo-Handbuch” müssen Absperrmaßnahmen verhältnismäßig sein. Zivilpersonen dürfen nicht als Mittel der Kriegsführung leiden. Entscheidend ist daher, ob Israel berechtigt war, die Lieferung humanitärer Güter zu verhindern, oder ob das Eingreifen gegen die “Madleen” über das Ziel hinausschoss.
Der israelische Verteidigungsminister Yisrael Katz hat die Gefangenen auf dem Schiff verpflichtet, sich Filmmaterial über den Angriff der radikalen palästinensischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 anzusehen. Und Greta Thunberg, die von Israel abgeschoben wurde, ist nach Schweden zurückgekehrt. Sie wurde am Flughafen von Menschen mit palästinensischen Fahnen empfangen.