Zollpause befeuert Börsenrallye: Deutsche Indizes lassen US-Märkte hinter sich

DAX erreicht neue Rekordmarke von 24.300 Punkten, während transatlantische Handelsdiplomatie Optimismus schürt

Der vorläufige Stillstand im transatlantischen Handelskrieg hat eine bemerkenswerte Verschiebung der globalen Börsenlandschaft ausgelöst. Während die Wall Street mit kräftigen Zugewinnen auf die Zollpause reagierte, etabliert sich Frankfurt als überraschend attraktivster Handelsplatz des Jahres.

Die US-Märkte feierten den Aufschub der geplanten Strafzölle mit deutlichen Kurssprüngen. Der Dow Jones kletterte um 1,78 Prozent auf 42.343 Punkte, der S&P 500 gewann 2,05 Prozent und erreichte 5.921 Zähler. Besonders technologielastige Werte profitierten: Der Nasdaq-Index schoss um 2,47 Prozent nach oben.

Diese Euphorie spiegelt eine fundamentale Veränderung der Marktpsychologie wider.

“Die Kursentwicklung der letzten drei Tage deutet darauf hin, dass die Marktteilnehmer nicht mehr daran glauben, dass Trump es mit den Zöllen ernst meint”, analysierte Daniela Hathorn von Capital.com die Situation.

Doch die eigentliche Börsen-Sensation ereignet sich am Rhein. Der DAX durchbrach erstmals die symbolische 24.300-Punkte-Marke und beendete den Handel bei 24.226 Punkten – ein Plus von 0,83 Prozent. Diese Leistung wirkt zunächst moderat, entfaltet jedoch in der Jahresbetrachtung ihre wahre Dimension: Der deutsche Leitindex weist ein spektakuläres Plus von 22 Prozent auf, während US-Börsen im Minus verharren.

Die Ursache für diese Renaissance der deutschen Börse liegt in einer politischen Kehrtwende. Das milliardenschwere Investitionsprogramm der Bundesregierung unter Friedrich Merz in die Bereiche Infrastruktur und Verteidigung begeistert die Märkte. Inzwischen erfasst diese Strategie die gesamte Indexhierarchie: Der MDAX erreichte mit einem Jahresplus von 20 Prozent nahezu das Niveau des DAX, während der SDAX sogar um 21 Prozent zulegte.

Parallel verstärken europäische Zinshoffnungen die Aufwärtsdynamik. Frankreichs Inflationsrate sank überraschend auf 0,6 Prozent – deutlich unter der Expertenprognose von 0,9 Prozent. Diese Entwicklung nährt Spekulationen über weitere EZB-Zinssenkungen beim anstehenden Juni-Termin.

Das amerikanische Konsumklima untermauert den transatlantischen Optimismus mit einem Sprung von 85,7 auf 98,0 Punkte – weit über Expertenerwartungen von 87,0 Punkten.

“Das Verbrauchervertrauen hat sich im Mai nach fünf Monaten des Rückgangs in Folge verbessert”, bestätigte Conference Board-Ökonomin Stephanie Guichard.

Dennoch warnen Experten vor Übertreibungen. Der Markt gilt auf aktuellem Niveau als technisch überkauft, während die EU-USA-Zollverhandlungen bis 9. Juli schwierige Hürden bergen. Die deutsche Börsenrallye bleibt vorerst das faszinierendste Phänomen eines sich wandelnden globalen Finanzgefüges.

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