Großbritannien und EU setzen auf neuen Kurs
20 May 2025, 07:57 Uhr
Das Treffen zwischen den Staats- und Regierungschefs des Vereinigten Königreichs und Vertretern der EU war das erste seit dem Brexit. Worauf wurde sich geeinigt?
Nach langem Schweigen haben sich die Entscheidungsträger des Vereinigten Königreichs und der großen europäischen Hauptstädte auf eine Erneuerung ihrer Beziehungen geeinigt. Bei einem hochrangigen Treffen in London wurde beschlossen, in Bereichen wie Verteidigung, Seegrenzen, Warenkontrolle und Förderung der Jugendmobilität umfassend zusammenzuarbeiten.
Die Gespräche markierten das erste Zusammentreffen auf höchster Ebene seit der Trennung beider Seiten. Der britische Regierungschef Keir Starmer zeigte sich zuversichtlich. Man wolle vergangene Debatten hinter sich lassen und nach vorn schauen. Auch EU-Ratspräsident António Costa betonte den historischen Moment. Laut Kommissionschefin Ursula von der Leyen sendet die Verständigung ein klares Signal für gemeinsamen Zusammenhalt in Zeiten globaler Unsicherheiten.
Die Verantwortlichen wollen sich auf Sicherheitsmaßnahmen konzentrieren. Großbritannien erhält Zugang zu gemeinsamen Verteidigungsprojekten und möchte sich stärker an europäischen Rüstungsinitiativen beteiligen. Insbesondere beim Schutz von sensibler Infrastruktur wie Stromleitungen unter dem Meer soll es künftig engere Kooperation geben. Auch der Austausch zu Bedrohungen aus dem All und grenzüberschreitenden Sicherheitsfragen wird intensiviert.
In den Arbeitsgruppen wurde intensiv über Fischereibedingungen und junge Menschen verhandelt, die zwischen beiden Seiten pendeln möchten. Ein Kompromiss sieht vor, dass europäische Schiffe britische Gewässer noch zwölf Jahre lang nutzen dürfen. Im Gegenzug soll es Erleichterungen beim Import von Lebensmitteln geben. Beim Thema Schul-, Studien- und Arbeitsaufenthalte einigte man sich nur auf allgemeine Zielsetzungen. Konkrete Regeln bleiben künftigen Verhandlungen überlassen. Gerade die deutsche Regierung hatte auf eine klare Öffnung für Schüler, Studierende und Berufseinsteiger gehofft.
In Großbritannien selbst löst die Verständigung gemischte Reaktionen aus. Der stellvertretende Parteichef von Reform UK, Richard Tice, warf dem Premier einen “Kurswechsel durch die Hintertür” vor. Auch aus konservativen Reihen wurde Kritik laut. Man befürchte neue Abhängigkeiten von EU.
Die spaltende Abstimmung von 2016 hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die britische Gesellschaft. Seit dem Austritt aus der EU haben sich die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen erheblich abgekühlt. Jüngste Umfragen zeigen, dass sich eine wachsende Mehrheit im Vereinigten Königreich bessere Beziehungen zum Kontinent wünscht, wenn auch ohne Rückkehr zum alten Status quo. Und vielleicht gibt es mit der Ankunft von Starmer eine Chance, dass dies geschieht.