„Falscher Hase“ und „Huracán“: Wie Fahnder Steuerkriminellen das Handwerk legen

Deutschlands Steuerermittler decken Milliardenbetrug im internationalen Autohandel auf.

Durch akribische Auswertung tausender Dokumente konnten Fachkräfte des nordrhein-westfälischen Finanzressorts hunderte Millionen Euro zurückholen, die durch betrügerische Umsatzgeschäfte entzogen worden waren. Ausgangspunkt war die Operation „Huracán“, eine internationale Aktion, die 2023 publik wurde und über Landesgrenzen hinweg gegen komplexe Netzwerke vorging. Dabei wurden in mehr als sieben Staaten Fahrzeuge und Immobilien beschlagnahmt. Grundlage für den Zugriff bildete eine Meldung aus Italien, die auf Unregelmäßigkeiten bei grenzüberschreitendem Autohandel hinwies. Deutsche Steuerbehörden koordinierten daraufhin ihre Maßnahmen mit Partnern in Europa.

Im Zuge dieser Aktion tauchten neue Verdachtsmomente auf. Daraus entwickelte sich die zweite Welle unter dem Codenamen „Falscher Hase“. In umfangreichen Ermittlungsakten fanden sich Hinweise auf weitere Beteiligte, die offenbar in ein Mehrwertsteuerkarussell involviert waren. Dabei kamen sogenannte Pufferfirmen zum Einsatz, die die Steuer auf dem Papier geltend machten, jedoch die geschuldeten Abgaben nie weiterleiteten. Der eigentliche Verkauf erfolgte über „verlorene Händler“ ins Ausland, die sich kurz nach dem Geschäft aus dem Markt zurückzogen.

Laut den neuesten Angaben aus Düsseldorf beläuft sich die bislang zurückgewonnene Summe auf rund 240 Millionen Euro. Insgesamt könnte die Schadenssumme die Marke von 300 Millionen überschreiten. Mehrere Staaten der Europäischen Union profitieren direkt von den Rückflüssen.

Stephanie Thien, Leiterin der neuen Ermittlungsbehörde für Finanzdelikte, bestätigte, dass mit fortschreitender Analyse weitere Strukturen aufgedeckt werden konnten. Die kriminellen Netzwerke operierten mit erfundenen Unternehmen, manipulierten Rechnungen und aufwendig verschleierten Transportwegen.

Marcus Optendrenk, zuständig für das nordrhein-westfälische Finanzressort, würdigte das Engagement der Ermittler und sprach von einem „beispielhaften Erfolg im Kampf gegen organisierte Wirtschaftskriminalität“. Auch in Berlin ist das Thema präsent. Die Bundesregierung plant verstärkte Maßnahmen gegen komplexe Steuerdelikte, um die Lücken in der bisherigen Kontrollarchitektur dauerhaft zu schließen.

Ein anderes Verfahren mit ähnlich großer Tragweite – die Aufarbeitung der sogenannten Cum-Ex-Geschäfte – dauert unterdessen an. Auch dort sind Milliardenverluste entstanden.

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